»Spülte nicht der Wein den Kummer aus der Seele uns heraus,
machte bald der Zorn des Schicksals unserm Leibe den Garaus.
Könnte nicht im Rausch mitunter unser Geist vor Anker gehn,
würde all die Leidensstürme unser Schifflein nicht bestehn.
Ach, noch jeden nahm der Himmel unbedenklich sich zum Ziel.
Keiner war, der je gewinnen konnte dieses arge Spiel.
Finster ist’s, wo bleibt der Chisr, der den rechten Weg uns lehrt,
eh das Feuer der Entbehrung gar den ganzen Leib verzehrt?
Meine schwache Seele zog es sehnsuchtsvoll zur Wiese hin,
wo, vom flauen Wind umfächelt, ich dem Tode wollt entfliehn.
‚Schenke‘, rief ich, ‚Arzt der Liebe, gib mir Wein!‘
Nur Wein allein kann mich retten, kann vertreiben alle Angst und Herzenspein!
Doch, was half’s? Hafis verbrannte! Und der Freundin blieb’s verhehlt.
Gebe Gott, dass es mit sanftem Flüstern ihr der Wind erzählt!«
Hafez (1324–1388), muslimischer Lyriker
Die Geschichte des Weinanbaus ist eng mit der Entwicklung früherer Kulturen verbunden. Wein galt als Getränk der Götter. In der griechischen bzw. römischen Mythologie ist Dionysos bzw. Bacchus der Gott des Weines, des Rausches aber der Fruchtbarkeit. Wein war aber auch für andere Kulturen Symbol des vergossenen Blutes im Kampf gegen die Götter und war eine häufige Grabbeigabe.
Bereits 5000 v. Chr. lässt sich im Südkaukasus (heute Georgien) und in der vorderasiatischen Landschaft Sumer (heute südlicher Irak) erstmals der Anbau von Weinreben nachweisen. Im gesamten Nahen Osten breitete sich der Weinanbau aus. Etwa 1700 v. Chr. kultivierten die Minoer auf Kreta erste Edelreben. Mit den Römern breitete sich dann der Weinbau mit den eroberten Kolonien in Spanien, Gallien und Nordafrika, später auch an Rhein und Mosel aus. Wein war für die Römer jedoch kein Genussmittel, sondern er galt als stärkend und heilend und wurde oft mit Wasser gemischt.
Die Darstellung von Wein in der Malerei ist meist auf Stillleben bzw. stilllebenhaften Elementen zu entdecken. So hält uns der »Bacchus« von Caravaggio ein Glas mit Rotwein entgegen, das er sich aus der Karaffe zuvor eingoss. Sein Kopf ist umkränzt mit Weinblättern und Trauben.
Ist bei Caravaggio der Wein Attribut des Gottes, so ist er auf niederländischen Stillleben des 17. Jahrhunderts autonomer Bildgegenstand. In so genannten Mahlzeitenstillleben (Banketjes) werden Nahrungsmittel, Geschirr und andere Dinge, wie auf einigen Darstellungen Tiere und/oder Insekten auf einem Tisch präsentiert. Mahlzeitenstilleben existierten als eigene Gattung um 1600 und hatten ihre Blüte in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts.
Mit den »Monochromen Banketjes« (monochromes Bankettbild) entstand in den 1620- und 1630er-Jahren in Haarlem eine Umgestaltung des Mahlzeitstenstillebens. Die Objekte wurden reduziert – teilweise soweit, dass keine Mahlzeit mehr dargestellt wird –, der Blickpunkt verlagert sich und das Kolorit ist auf einen Grundton reduziert. Häufig werden Objekte aus Glas mit Objekten aus Metall kombiniert. Manchmal kann auch nur ein einzelnes Weinglas das Hauptmotiv bilden.
Schauen wir uns nun Fritz Griebels Bild an: An einer nahezu monochromen Wand lehnen diverse Bretter, die einen Schlagschatten werfen. Eine blaue Stoffhose ist sorgfältig auf den Brettern abgelegt; eine grüne bauchige Weinflasche liegt vor ihr auf dem Boden. Reizvoll spiegeln sich umliegende Gegenstände auf der Oberfläche. Neben der Weinflasche sind Harke und Sense abgestellt, Stroh liegt auf dem Boden.
Das Aquarell entstand in Cervo in Italien. Fritz Griebel arrangierte die Dinge, die fast die gesamte Bildfläche einnehmen, sehr genau. Sie sind nicht achtlos abgestellt. Die Hose wirkt wie drapiert, ist doch das eine Hosenbein kunstvoll angewinkelt und in Falten gelegt. Arbeitsgeräte, Hose und einige Bretter sind vertikal aufgebaut und angeordnet. Nur die Weinflasche ist rund und steht im Vordergrund. Sie neigt sich leicht nach links und bildet eine Parallele zu den Arbeitsgeräten.
Die mit leuchtenden Farben gemalten Geräte, Hose und Flasche heben sich deutlich vom weißen und braunen Hintergrund ab. Wollte Pieter Claesz im 17. Jahrhundert mit seinen Stillleben technische Virtuosität demonstrieren, legte Griebel im 20. Jahrhundert Wert auf die dargestellten Dinge – nicht das Wie ist entscheidend, sondern das Was.
Im übertragenen Sinn malte Fritz Griebel hier kein Stillleben. Er malte ein Porträt eines Weinbauers. Es sind die für seinen Beruf prägende Dinge, die Griebel uns hier zeigt. Griebel führt uns, ohne explizit darauf hinzuweisen, die Herstellung des Weines vor Augen. Die Arbeit ist für heute getan. Arbeitshose, Harke und Sense sind abgelegt und abgestellt. Der Lohn der Arbeit wird sich bald in der Flasche zeigen.
Antje Buchwald
Literatur:
- Sybille Ebert-Schifferer: Die Geschichte des Stillebens. München 1998.
- Michael Matheus (Hg.): Weinbau zwischen Maas und Rhein in der Antike und im Mittelalter (Trierer Historische Forschungen 23). Mainz 1997.