Osterlamm

Osterlamm, 1930er/Anfang 1940er-Jahre, Öl/Lwd., 67 x 80 cm

Siehe, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt wegträgt, geschlachtet für das Leben und Heil der Welt (Joh 1,29)

Auf einem rechteckigen Tisch, auf dem eine roséfarbene Tischdecke mit grünen Streifen am Saum liegt, befinden sich ein in einem Bollerwagen liegendes Lamm mit Glöckchen, roter Fahne und gelben und rosafarbenen Blüten sowie ein grünes Nest mit Weidenkätzchen, blauen, roten und weißen Eiern. Vor dem Lamm und Nest ist eine gelbe Himmelschlüssel drapiert.

Über dem Tisch schwebt ein weißes geschwungenes Band sowie ein Zitronenfalter. Das Stillleben hebt sich kontrastreich vom grau-schwarzen Hintergrund ab.

Griebel vereinte in seinem Bild mehrere christliche Symbole. Das Lamm ist Sinnbild der Reinheit, Unschuld, Geduld und Sanftmut. Johannes der Täufer nennt Jesu das Lamm Gottes. Es ist Sinnbild für den geopferten und siegreich auferstandenen und verherrlichten Christus. Hierauf deutet auch die rote Fahne über dem Lamm – die Siegesfahne – hin. Nach Johannes fand die Kreuzigung Jesu auch zu der Zeit statt, als die Pessach-Lämmer geschlachtet wurden (Agnus Dei). Das Osterlamm verweist darauf, dass Jesu Christi unschuldig für die Menschen gestorben ist.

Das Kreuz beziehungsweise den Kreuzstab, welchen Griebel als Griff und Lenkstange des Bollerwagens als sogenanntes lateinisches Kreuz malte, symbolisiert die Kreuzigung und Auferstehung Jesu Christi. Es ist ein christliches Heilszeichen.

Matthias Grünewald: Johannes d. Täufer /Agnus Dei (Detail Isenheimer Altar), 1512–1516, Öl/Holz, Unterlinden Museum, Colmar. Quelle: Wikimedia commons

Auch der Schmetterling ist durch seine Metamorphose ein Symbol der Wiedergeburt und Auferstehung. Der Zitronenfalter hat mit seinem zwölf Monate währendem Leben zudem die höchste Lebenserwartung aller mitteleuropäischer Schmetterlinge.

Schließlich ist das Ei als antikes Symbol für das Leben in der christlichen Ikonographie ein Symbol der Hoffnung. In Marienbildern wird es als Hinweis auf die Empfängnis Christi durch den Heiligen Geist gedeutet.

Griebels „Osterlamm“ ist eine innovative Interpretation christlicher Ikonographie. Das Osterlamm liegt nicht auf einer Wiese, sondern in einem Bollerwagen, den auch Kinder ziehen könnten. Die Eier sind bereits von ihnen gefunden und in ein Nest gelegt worden. Es ist ein farbenfrohes und heiteres Stillleben, zelebriert es doch den Übergang vom Tod zum ewigen Leben.

Antje Buchwald, April 2021

Literatur

H. W. van Os: Stichwort Ei. In: LCI. Lexikon der christlichen Symbole. Rom, Freiburg u.a. 1968, Bd. 1, Sp.588–589.

O. Holl: Stichwort Kreuz. In: LCI. Lexikon der christlichen Symbole. Rom, Freiburg u.a. 1970, Bd. 2, Sp. 562–590.

O. Holl: Stichwort Lamm, Lamm Gottes. In: LCI. Lexikon der christlichen Symbole. Rom, Freiburg u.a. 1971, Bd. 3, Sp. 7–14.