Ansicht von Heroldsberg

Fritz Griebel: Ansicht von Heroldsberg, 1930er-Jahre, Aquarell (35 x 52 cm), FG 0395

Fritz Griebel hatte eine besondere Beziehung zu Heroldsberg.  Hier wuchs er auf, hier ließ er sich als freischaffender Künstler von 1927 bis 1939 nieder, hier hatte er seine erste Einzelausstellung, und hier lebte er wieder von 1953 bis zu seinem Tod 1976.

Er malte dieses Landschaftsbild von Heroldsberg wahrscheinlich aus westlicher Richtung mit Blick auf Teilbereiche des Unteren Marktes. Im Vordergrund sehen wir einen Mann im Anzug als Rückenfigur auf einem Hocker sitzend; neben ihm steht eine Aktentasche. Er blickt auf diverse Fachwerkhäuser und auf Bäume.

Die Ursprünge Heroldsbergs, ein Markt im mittelfränkischen Landkreis Erlangen-Höchstadt, gehen auf das 11. Jahrhundert zurück. Für mehr als vierhundert Jahre gehörte es seit 1391 zum Besitz des Nürnberger Patriziergeschlechtes Geuder. Sie erlangten in Heroldsberg alle landesherrlichen Befugnisse, zu denen auch die „Fraisch“, die hohe selbstständige Gerichtsbarkeit gehörte. Sie errichteten die noch heute bestehenden vier Schlösser: das Rote, Gelbe, Grüne und Weiße Schloss, in dem seit 2017 nach Sanierung und Anbau die Ortsgeschichte Heroldsbergs, die Geschichte der Patrizierfamlie Geuder sowie das Werk Fritz Griebels präsentiert werden.

Dürer: Das Kirchdorf, 1510, Federzeichnung. Musée Bonat, Bayonne.

Die älteste Ansicht Heroldbergs stammt von Albrecht Dürer (1471–1528), der sie 1510 bei einem Besuch Martin Geuders (1455–1532), seinerzeit unter anderem Ratsherr in Nürnberg, aus einem Fenster des Roten Schlosses zeichnete.

Griebel malte seine Ansicht von Heroldsberg in Grisaille, das heisst in Grautönen, Weiß und Schwarz, wobei er keine weiße Farbe verwendete, sondern diese lediglich durch Leerräume imaginiert. Mit raschen Pinsellinien – zarte und blockhafte – entstand sein Aquarell, das viel Freiraum für die Fantasie des Betrachters lässt. Dies drückt sich auch in der Rückenfigur aus: Ist sie ein Mann, der Erholung sucht und die Aussicht genießt, oder handelt es sich hierbei um ein Selbstporträt Griebels beim Zeichnen dieser Ansicht?

Antje Buchwald 2020
(Kunsthistorikerin)