Berg im Schnee

Fritz Griebel: Berg im Schnee, 1961, Aquarell auf Papier, 34 x 54 cm

Viele (Studien-)Reisen führten Fritz Griebel nach Italien. Während dieser Aufenthalte entstanden zahlreiche Aquarelle, die sehr häufig in den Sommermonaten entstanden sind. Das Motiv einer Winterlandschaft ist eher selten.

Das Bild zeigt das Plateau Rosa in Breuil-Cervinia, einem exklusiven Wintersportort in der Nähe von Zermatt. Griebel selbst betrieb keinen Wintersport. Er konzentrierte sich auf Sehenswürdigkeiten und die Landschaft.

Mit Strichen, Punkten und wenigen Farben hielt er seine fast schon abstrahierte Winterimpression fest. Der Bergrücken im Vordergrund bildet sich aus kurzen, dünnen braunen Linien. Vereinzelt sind kleine Punkte und größereTupfen auf dem weißen Malgrund verteilt. Ein vom rechten Bildrand abgeschnittenes Gerüst in hellbraunen Linien nimmt die gesamte Bildhöhe ein.

Die sich im Hintergrund befindlichen Berge sind mit dicken dunkel- und hellblauen Pinselstrichen gemalt, wodurch Griebel einen gewissen Tiefeneindruck vermittelt. Er versteht es sehr gut, das Gestein der Berge durch parallel verlaufende dicke, senkrechte Formen sowie durch geschwungene Linien, an die sich viele weitere Farbkompatimente hängen, darzustellen. Der Schnee als freibleibende Fläche ist gekonnt auf der Bildfläche verteilt. Fast scheint es, als ob das Weiß die Farben seiner Umgebung aufnehme.

Für das Gebirge wählte Griebel die Lasiertechnik: Auf den trockenen Malgrund malte er mit Wasser verdünnten Farben. Nach dem Trocknen malte er weitere Farbschichten darüber. So erzeugte er bei den Blau- und Brauntönen dunklere und hellere Bereiche.

Den blaugrauen Himmel mit den gelben und rosafarbenen Effekten malte der Künstler in der Nass-in-Nass-Technik, d.h. er malte in den feuchten Malgrund, so dass die Farben verlaufen.

Aquarellieren ist eine Maltechnik, die eine schnelle und unmittelbare künstlerische Umsetzung einer Impression erlaubt. Es kennzeichnet eine antiakademische und freiheitliche Haltung. So entdeckten zunächst die freiluftmalenden Impressionisten die Aquarellmalerei für sich, waren sie doch an flüchtigen Impressionen, an Atmosphäre interessiert. In England entwickelte sich im 18. Jahrhundert eine besondere Vorliebe für die Aquarellmalerei, die 1804 zur Gründung der „Society of Painters in Water Colour“ führte. William Turner (1775–1851) trug entscheidend zur Selbstständigkeit des Aquarells als eigene Gattung bei.

In der Kunst nach 1945, in der u.a. Farbe, Form und Spontaneität von den Künstlerinnen und Künstlern weiter erkundet wurden, schien das Aquarell wie prädestiniert dafür zu sein. Griebel lotet in seinem Aquarell die Natur-Form und die Kunst-Form weiter aus. Es kennzeichnet ein Spannungsverhältnis zwischen freier, weißer Fläche und gemalter, farbiger Fläche. Es ist gleichsam eine Meditation, eine Versenkung in die Natur.

Antje Buchwald 2016

Literatur:

Walter Koschatzky: Die Kunst des Aquarells. Technik, Geschichte, Meisterwerke. München 1999.