Stilleben auf Viriginal von Fritz Neumeyer

 

Entstehungsjahr: 1947

Fritz Griebel lebte von 1939 bis 1949 in Bamberg. Dort herrschte gegen Ende des Krieges eine lebhafte Künstlerszene, da viele Flüchtlinge nach Westen flohen. Unter ihnen waren auch Bekannte Fritz Griebels aus seiner Berliner Zeit. Zu ihnen gehörte unter anderem der Cembalist Fritz Neumeyer (1900-1983).

Neumeyer gilt heute als einer der Väter der so genannten „historischen“ bzw. der „historisch informierten“ Aufführungspraxis. Als Cembalist lag sein Ansatzpunkt in der fundamentalen Kritik an der Bau- und Spielweise der so genannten Konzert-Cemabili, die keine historischen Instrumente waren, sondern der (im Nachhinein als untauglich erkannte) Versuch des späten 19. Jahrhunderts, einen großen, durchsetzungsfähigen Cembalo-Klang zu erzeugen, der auch einem größeren Orchester klanglich ebenbürtig war. Derartige großformatige Cembali mit Stahlrahmen eignen sich jedoch nicht zur Darstellung der differenzierten, typisch „silbrigen“ Klangwelt der Barock-Cembali. Bereits in den 1920er-Jahren experimentierte Neumeyer deshalb mit historischen Instrumenten oder Nachbauten den originalen Klang alter Musik zu reproduzieren. 1933 gründete er in Saarbrücken die „Vereinigung für Alte Musik“. Er sammelte zahlreiche historische Tasteninstrumente, die heute in der „Sammlung historischer Tasteninstrumente Fritz Neumeyer“ in Bad Krozingen zusammengefasst sind.

Fritz Griebel: Entwurf für die farbige Fassung

Der Maler und der Musiker pflegten im Hause Griebels private Musikabende zu veranstalten, bei denen Fritz Neumeyer am Cembalo spielte. Vielleicht entstand bei diesen Abenden die Idee, ein Viriginal (eine Bauform des Cembalos) Neumeyers von Fritz Griebel zu verzieren. Der Untergrund der geöffneten Klappe muss in einem kräftigen Grün oder Blau gewesen sein, auch das Stillleben leuchtete in kräftigen Farben. Griebel ließ über der gesamten Fläche ein Stillleben aus Blumen und Früchten entstehen. Dominierend ist hierbei eine Kreisform. Blätterkränze und Körbe sind rhythmisch über der Bildfläche angeordnet. Aus einem umgestülpten Korb ergießen sich Blumen wie aus einem Füllhorn, die in einen Kranz aus Blättern übergehen. In der Bildmitte entdecken wir das Monogramm des Musikers, „FN“, darunter befinden sich Früchte, die aus dem übervollen Korb daneben gefallen zu sein scheinen; ein weiterer Kranz schließt das Bild ab.

Fritz Griebel: Stillleben mit Annette, nach 1945, Öl/Leinwand (80 x 98 cm)

Vielfach wurde bereits erwähnt, dass Stillleben für Fritz Griebel ein häufig verwendetes Motiv in seinem Werk ausmachen. In der Nachkriegszeit kann es im Besonderen einen essentiellen Mangel wenigstens bildnerisch ersetzen.

Das Motiv des Kreises setzt sich auf dem Gehäuse weiter fort. Girlanden, ein häufiges Motiv Fritz Griebels, suggerieren Bewegung. In ihnen sind ein antikes Gefäß und eine Groteske eingewoben. Eine Groteske ist eine ornamentale Komposition aus Tieren, Halbmenschen oder Fabelwesen. Griebel malte auf das Viriginal eine Groteske, die halb Frau und halb Pflanze ist; Hände und Füße gehen in Äste mit Blättern über. Bisher konnte dieses Motiv in Griebels Werk nicht nachgewiesen werden.

Viriginal nach Kopie von Alessandro Bertolotti mit antiken Grotesken verziert, ca. 1586, Russell Collection of Early Keyboard Instruments, Edinburgh.

Das Motiv des Kreises setzt sich auf dem Gehäuse weiter fort. Girlanden, ein häufiges Motiv Fritz Griebels, suggerieren Bewegung. In ihnen sind ein antikes Gefäß und eine Groteske eingewoben. Eine Groteske ist eine ornamentale Komposition aus Tieren, Halbmenschen oder Fabelwesen. Griebel malte auf das Viriginal eine Groteske, die halb Frau und halb Pflanze ist; Hände und Füße gehen in Äste mit Blättern über. Bisher konnte dieses Motiv in Griebels Werk nicht nachgewiesen werden.

Fritz Griebel: Musikinstrumente, 1950, Gobelin, Konservatorium Nürnberg. Museen der Stadt Nürnberg, Kunstsammlungen, Inv. Nr. GM 3455.

Das Thema Musik taucht häufiger im Werk von Fritz Griebel auf – als Beigabe eines Instrumentes oder aber auch als Stillleben, wie in dem verschollenen Wandteppich für das Konservatorium in Nürnberg. Um einem Klavier sind diverse Blas- und Streichinstrumente schwebend platziert. Auch hier tauchen Girlanden auf sowie drei musikinstrumenteFriedenstauben. Die Fotografie des Viriginals ist nach heutigem Kenntnisstand die einzige Quelle für die Verzierung von Musikinstrumenten selbst im Werk Griebels und stellt zudem ein wichtiges Dokument dar, denn später soll das Tasteninstrument monochrom übermalt worden sein.

Antje Buchwald

November 2010