Waldszene

Fritz Griebel: Waldszene, 1931, Öl/Lwd., 73 x 59 cm, FG 1062, Weißes Schloss, Heroldsberg

In einem dicht mit Laubbäumen bewachsenem Wald stehen oder sitzen männliche und weibliche Akte. Sie sind jeder für sich, es findet keine Kommunikation statt. Bis auf die Figur im Vordergrund, die in gebückter Haltung nach etwas zu suchen scheint, sind die Akte bewegungslos, fast wie erstarrt. Sie wirken seltsam entrückt. Der Betrachter wird in dieser „Waldszene“, wie Fritz Griebel sein Bild betitelte, jedoch nicht zum Voyeur. Vielmehr weckt das Bild die eigenen Sehnsüchte nach einem konfliktlosen Naturzustand des Menschen – fernab der Zivilisation.

Es ist ein „locus amoenus“, ein lieblicher Ort, den Griebel hier schuf. Die stilllebenhafte Ruhe, der feierliche Ernst der Szene scheint von ewiger Dauer. Es ist eine Utopie des irdischen Paradieses, den Griebel kreiert. Mensch und Natur sind derart miteinander verwoben, dass sogar die Akte aus dem Braun-Grün der Bäume gemalt sind. Auch sind sie weniger konturiert, scheinen sich mit der Vegetation zu vereinen.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts führte die Industrialisierung zu Naturausbeutung und -Entfremdung. Mit dem Mythos des irdischen Paradieses installierten die Künstler ein einfaches, ursprüngliches Leben im Sinne eines „Goldenen Zeitalters“. Sozialistische Utopien weckten zudem Hoffnung auf gesellschaftliche Veränderungen.

Arkadische Szenen scheinen Griebel fasziniert zu haben. In seinem Gesamtwerk sind sie häufig Gegenstand der Auseinandersetzung. Kompositionelles Vorbild war ihm die Serie die „Badenden“ von Cézanne (1839–1906), wobei Griebel das symbiotische Verhältnis zwischen Mensch und Natur stärker herausarbeitete.

Dies setzte er auch in seinem akademischen Curriculum als Maler und freier Grafiker (1946–1966) an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg um, indem er mit seinen Schülern oft in die Landschaft zum Zeichnen ging. Edwin Michel, damaliger Student bei Griebel erinnert sich: „Einmal ging die Klasse ohne ihn in den Wald in Begleitung eines Aktmodells. Als wir ihm später davon berichteten, war er ganz begeistert. Aber nach Rücksprache mit seiner Frau, bat er uns, diese Unternehmung nicht zu wiederholen. – Nicht auszudenken, wenn das außerhalb der Akademie jemand erführe!“

Schließlich schuf Fritz Griebel in seiner Funktion als Direktor (1948–1957) mit dem idyllisch gelegenen Akademieneubau nach Sep Ruf (1908–1982) einen idealen Rückzugsort beim Tiergarten am Schmausenbuck – ein Elysion für Kunst und Wissenschaft.

Antje Buchwald 2019

 

Literatur:

  • Antje Buchwald: Fritz Griebel. Künstler, Lehrer und Direktor der Akademie der Bildenden Künste Nürnberg nach 1945. Dettelbach 2017, S. 41, Zitat S. 85.