Nach über zwei Jahren Bau- und Sanierungsarbeiten kann das Weiße Schloss als neues Museum und Kulturzentrum in Heroldsberg besichtigt und bestaunt werden.
Das Weiße Schloss ist eines von vier Schlössern aus dem ausgehenden 15. Jahrhundert, das zusammen mit dem Pfarrhaus und der evangelischen Kirche St. Matthäus ein einzigartiges mittelalterliches Ensemble darstellt.
Auf Initiative der Kulturfreunde Heroldsberg e. V. fanden die Sanierungsarbeiten und Neu- und Umbauten statt. Das Museum und Kulturzentrum ist barrierefrei gestaltet und meistert den Spagat zwischen Denkmalschutz und moderner Technik.
Für die Idee eines kulturellen Zentrums in Heroldsberg waren zwei bedeutende Nachlässe bestimmend. Einerseits das Erbe der letzten Nachfahrin der Geuder-Rabensteiner-Linie und andererseits das Lebenswerk Fritz Griebels (1899–1786), Maler, Grafiker und Direktor der Akademie der Bildenden Künste Nürnberg.
Es wurde 2016 die Stiftung „Kunst und Kultur in Heroldsberg – Patrizierfamilie Geuder und Prof. Fritz Griebel-Stiftung“ errichtet, und den Kulturfreunden e.V. Heroldsberg zur Veröffentlichung und Ausstellung und weiteren Forschung im Weißen Schloss übergeben. Der Stifter Peter Griebel und Sohn von Fritz Griebel unterstützte mit dieser Stiftungsgründung den Wunsch der Heroldsberger, die Mittelbeschaffung zur kostenintensiven Sanierung des Weißen Schlosses zu ermöglichen.
Laut Stiftungssatzung können jederzeit Zustiftungen erfolgen, so dass diese Kunst- und Kulturstiftung ihre Aufgabe für das Weiße Schloss – das kulturelle Leben in Heroldsberg – weiter ausbauen kann.
Im Erdgeschoss erwartet den Besucher zunächst ein Überblick über die Ortsgeschichte – von den Anfängen bis hin zur Gründung der Firma Schwan-Stabilo. Die Exponate sind großzügig angeordnet und durch Multimedia-Einrichtungen ergänzt, in denen der Besucher auf Monitoren durch Bildergalerien mit Fotografien oder Filmen vergangener Jahrzehnte stöbern kann.
Im ersten Stock ist ein Teil der Werke des Künstlers Fritz Griebel zu beschauen. Kurz nach seiner Geburt zog Griebels Familie von Unterfranken nach Heroldsberg. Sein Vater trat dort eine Pfarrstelle an. Nach dem Studium in Nürnberg und Berlin ließ er sich zunächst wieder in Heroldsberg als freischaffender Künstler mit Atelier im Gelben Schloss nieder. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Griebel Professor für Malerei und freie Grafik an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg sowie deren Direktor. Auf seine Initiative hin erhielt die Akademie ein neues Gebäude, seinerzeit das modernste Akademiegebäude seit dem Dessauer Bauhaus. Griebels Lehre steht für einen Neuanfang nach 1945. 1953 kehrte er endgültig nach Heroldsberg zurück, wo er seinen Lebensabend verbrachte.
Griebels künstlerischer Ausdruck ist sehr facettenreich und drückt sich auch in seiner Beherrschung diverser Techniken aus: Öl- und Aquarellmalerei, Zeichnung, Druckgrafik, keramische Arbeiten und Entwürfe für Tapisserien. Seine Scherenschnitte mit ihrer »archetypischen Chiffrierung des Sichtbaren« (Jutta Zander-Seidel) haben internationale Bedeutung. Griebel darf daher als Wegbereiter des modernen Scherenschnitts gelten.
Unbewusstes und Träume, Mythos und Antike sind Themenkomplexe, die sein Gesamtwerk durchströmen. Seine Bildwelten sind oft arkadisch gestimmt und künden von einem friedvollen und heiteren Miteinander von Mensch und Natur. Aber es schwingt auch immer ein Hauch von Melancholie mit.
In der Dauerausstellung sind in drei Räumen verschiedene Schaffensphasen des Künstlers zu erkunden. Begann er seine Karriere mit Landschaften und Porträts, sind seine späteren Arbeiten unter dem Einfluss der internationalen Abstraktion nach dem Zweiten Weltkrieg zunehmend abstrakt. Skizzenbücher, Pinsel und Farbpalette sowie Zeichenkohle ergänzen die Werke anschaulich.
Im Magazin befinden weitere Werke, so dass stets neue Arbeiten präsentiert werden können. Geplant sind auch Wechselausstellungen über Griebels Lehrer wie Rudolf Schiestl (1878–1931) und Hans Meid (1883–1957), aber auch über seine Schüler wie Günter Dollhopf, Michael Matthias Prechtl (1926–2003), Blalla Hallmann (1941–1997) oder Oskar Koller (1925–2004). Der Nachlass des Künstlers Fritz Heidingsfeld (1907–1972), der, aus Ostpreußen vertrieben, nach dem 2. Weltkrieg rund 10 Jahre sein Atelier im Grünen Schloss in Heroldsberg hatte, gehört ebenso zu den Beständen wie Arbeiten von Eitel Klein (1906–1990), Georg Hetzelein (1903–2001) und Jakob Dietz (1889–1960).
Im zweiten Obergeschoß befindet sich der Festsaal für Trauungen und anderer Festlichkeiten. Außerdem ist hier eine Sonderschau zum Wirken der Patrizierfamilie Geuder zu sehen. Die Geschichte Heroldsbergs ist eng mit dem Patriziergeschlecht der Geuder verbunden. Es gehörte zu den einflussreichsten Familien der freien Reichsstadt Nürnberg und zählt zum ältesten Patriziergeschlecht Nürnbergs (urkundliche Erwähnung 1253). Griebels erste Sammlerin war Sophie Freiin von Geuder (1880–1935), die damals im Roten Schloss wohnte.
Adresse:
Weißes Schloss Heroldsberg
Kirchweg 4
90562 Heroldsberg
Tel.: 0911/23734260
www.weisses-schloss-heroldsberg.de