Fritz Griebel war viel in der Natur unterwegs. In vielen Skizzen hielt er für ihn besonders interessante Eindrücke und Gegebenheiten fest. Von einer dieser Entdeckungen erzählt das hier vorzustellende Werk des Monats.
Die kolorierte Tuschzeichnung zeigt ein Waldstück im Sebalder Reichswald. Er ist der nördlich der Pegnitz gelegene Teil des Nürnberger Reichswaldes. Der ursprüngliche Mischwald wurde im Lauf der Zeit durch Übernutzung und sich anschließender Aufforstung zu einem Kiefernwald, welcher ihm den Namen Steckerlaswald bescherte.
Im Vordergrund der Zeichnung sehen wir einen umgestürzten Baum. Bedrohlich ragen Spitzen des abgebrochenen Stammes empor. Der Rest des Stammes ist zur Seite gekippt. Wie eine klaffende Wunde blicken wir auf die helle Bruchstelle. Die kahlen Äste hängen zum Teil wie tote Gliedmaße herab. Auch der Waldboden ist aufgewühlt und legt Wurzelwerk frei.
Gerahmt wird die dramatische Szene von hohen, kahlen Kiefernstämmen. Sie bilden den Übergang zum Wald im Hintergrund. Grün- und Brauntöne bestimmen das Bild.
Es vermittelt Ruhe und Stille, die der Spaziergänger im allgemeinen im Wald sucht. Griebel hielt den Zustand fest, der nach einem Sturm herrscht. Zeugnis der Naturkraft ist der säuberlich abgesägte Baumstamm links im Bild, der vormals mit anderen Stämmen aufgeschichtet wurde.
Den Künstler, der knapp 30 Jahre alt war, als er durch den Wald streifte, mag die Zerlegung der Form gereizt haben. Vielleicht regte ihn aber auch der umgestürzte Baum an, über das Vergehen des Lebens nachzudenken. Denn meist sind es alte Bäume, die einem Unwetter ausgeliefert sind: Das Holz ist morsch, die Widerstandskraft ist gebrochen. Der umgestürzte Baum wäre dann ein Symbol der Vergänglichkeit. Denn alles auf Erden hat seine Zeit.
Antje Buchwald 2013