Begehrlichkeiten

Fritz Griebel: Begehrlichkeiten, 1930er-Jahre, Öl/Leinwand, 20 x 15 cm

Dieses intime Stillleben besticht durch seine Farbbrillanz. Ein weiblicher Torso – oder handelt es sich um eine fragmentierte kleine Skulptur? – ist das Zentrum des Bildes. Der weiße bis blassrosa Körper ist leicht nach links geneigt und scheint zu schweben. Hände, Füße und Kopf wurden exakt abgeschnitten. Der Körper wird auf seine sexuellen Merkmale reduziert, auf Individualität und Persönlichkeit verzichtete der Künstler.

Umgeben ist der Torso von Früchten, wie Äpfel, Birne und Aprikose, die auf Grund ihrer runden Formen mit dem weiblichen Körper assoziiert werden können. Ein längliches Gefäß oder Flöte sowie eine dunkle Figur mit verschränkten Armen rahmen den Torso ein. Sie können für die männliche Sexualität stehen. Auch die dunkelgraue Figur mit ihrem Schlagschatten ist entpersonalisiert.

Vorder- und Hintergrund verschmelzen miteinander. Griebel behandelt das Bild als Fläche. Er mischte allerlei Abstufungen von Rot auf die kleine Leinwand. Mit der Farbe Rot verbindet man Leidenschaft, Liebe und Erotik. Es ist eine warme Farbe, die auf Leben und Blut hindeuten. Rot ist aber auch eine Warnfarbe, besonders in Kombination mit Weiß und steht auch für Aggression und Macht („rotsehen“).

Griebels surreales Stillleben zeigt sexuelles Begehren des Mannes. Es ist ein Bild verborgener Wünsche und Phantasien – hingerissen zwischen Kontrolle und Kontrollverlust.

Antje Buchwald 2016