Heroldsberg im Schnee

Fritz Griebel: Heroldsberg im Schnee. 1936, Öl/Leinwand, 80 x 100 cm.

Nach seinem Studium an der Kunstgewerbeschule in Nürnberg sowie an der Hochschule für bildende Künste in Berlin, wo Fritz Griebel Meisterschüler von Hans Meid (1883-1957) wurde, ließ er sich als freischaffender Künstler wieder in Heroldsberg nieder. Sein Vater hatte in dieser Marktgemeinde seit 1899, dem Geburtsjahr Griebels, eine Pfarrstelle.

Kirche und Grünes Schloss in Heroldsberg von Südwest gesehen, 2008. (Foto: Technokrat)

Die 1930er-Jahre und die 1960er-Jahre gehören zu den produktivsten Phasen des Künstlers. In den letztgenannten wendete sich Griebel der Abstraktion zu, die formal bereits in seinen Scherenschnitten entwickelt wurde. Die erstgenannte Periode ist bestimmt von surrealistischen und naturalistischen Einflüssen.

Das hier vorzustellende Bild zeigt eine Winterlandschaft von Heroldsberg vom Wohnhaus des Vaters aus gesehen. Im Vordergrund des Bildes erstreckt sich der schneebedeckte Griebelsbuck. Ein Mann überquert ihn mit einem Hund. Im Mittelgrund überragt die Matthäus-Kirche das Weisse Schloss der Patrizierfamilie Geuder und umliegende Bauernhöfe der Familien Gemmel und Neuner.

St. Matthäus-Kirche, Chor und Turm, 2005. (Foto: Keichwa)

Die Ursprünge von Heroldsberg datieren in das 11. Jahrhundert. Ab 1391 gehörte der Ort über mehr als 400 Jahre zum Besitz des Nürnberger Patriziergeschlechts Geuder. Die Geuder errichteten vier Schlösser, die heute noch zusammen mit der Kirche St. Matthäus im Ortsbild markant auffallen. Der Nürnberger Maler Albrecht Dürer (1471-1528) fertigte als Freund der Patrizierfamilie 1510 die bekannte Federzeichnung „Das Kirchdorf“, der ältesten bildliche Darstellung der Ortschaft.

Die evangelische St. Matthäus-Kirche und die vier Schlösser, benannt nach der Farbe der damaligen Fensterläden (weiß, gelb, grün und rot) bilden ein heute bedeutendes Denkmalensemble. Fritz Griebels Vater war Pfarrer an der St. Matthäus-Kirche. Über ihre ersten baulichen Anfänge ist leider nichts mehr bekannt. 1477 wurde sie erstmals als Pfarrkirche St. Margaretha erwähnt. Ihren heutigen Namen – St. Matthäus – erhielt die Kirche nach der Reformation. Ursprünglich war es eine Kirchenburganlage mit Wehrgängen, Vorratskeller und Unterkunftsräumen sowie Wachtürmen. Leider ist heute nichts mehr von der einst mächtigen Anlage erkennbar – lediglich die Stützmauern zeugen von der damaligen Funktion der Kirche als Wehrkirche. Seit dem 15. Jahrhundert diente der Chorraum als Grablege der Nürnberger Patrizierfamilie Geuder.

Caspar David Friedrich: Hühnengrab im Schnee, um 1807, Öl/Lwd., 62 x 80 cm, Staatl. Kunstsammlungen Dresden.

Der vom Fenster aus eingefangene Blick des Künstlers zeigt eine winterliche Impression. Dächer und Felder sind schneebedeckt. Der graublaue Himmel ist verhangen. Ein in der Ferne gelborangener Farbstreif am Horizont zeugt vom Untergang der Sonne. Die grünen Flecken auf dem Griebelsbuck deuten darauf hin, dass bereits Tauwetter eingesetzt hat; das Bild könnte daher zwischen Februar und März gemalt worden sein. Die der Jahreszeit angemessene auf kühle Farben reduzierte Skala vermittelt durch bewusst gesetzte Farbakzente, wie die grüne Mauer, das rote Turmdach und das gelbliche Fachwerk, Lebensfreude. Dienten Winterlandschaften in der Romantik, wo sie eine Blütezeit erlebte, als Hinweis auf den Tod (kahle Bäume mit Schnee bedeckt oder Friedhöfe im Schnee), so schuf Fritz Griebel mit dieser Impression eine Winterlandschaft im Zyklus der Jahreszeiten: Nach dem Winter kommt immer der Frühling.